
Ich hatte schon immer den Traum, einmal mit einem Hubschrauber zu fliegen. Und dann noch über die Dolomiten? Ein wahrgewordener Wunsch.
Doch dieser Flug war weder geplant noch traumhaft.
10. Juli 2020
Der Kopfdruck nahm zu, meine Augen schmerzten, und ich konnte nicht mehr richtig sehen. Ich befand mich wieder in diesem 30-Minuten-Fenster – jenem Zeitrahmen, bis die Schmerzen so stark werden, dass ich nur noch in einer Position sitzen kann. Vor mir lagen 6 bis 18 Stunden mit der Hoffnung, dass es nicht zu schlimm wurde.
Aber ich war gerade in den Dolomiten, alleine, etwa 20 Minuten von meinem Auto entfernt, das auf einer Alm geparkt war. 1.670 Meter über dem Meeresspiegel, umgeben von einer atemberaubenden Landschaft – doch ich konnte das alles kaum genießen, da sich der Anfall immer weiter ausbreitete.
Es war "nur" Migräne, "nur" Kopfschmerzen, wie man mir etwa 25 Jahre lang gesagt hatte. Die Ärzte fanden einfach nichts. Heute weiß ich: Es ist erhöhter Hirndruck, der im schlimmsten Fall lebensbedrohlich sein kann. Ich drückte leicht auf meine Augen – das bestätigte mir den Anfall.
Routine.
Sofort machte ich kehrt und lief so schnell es ging, jedoch langsam genug, um den Kopfdruck nicht zu verschlimmern, zurück zum Parkplatz. Dort angekommen, setzte der heftige Kopfschmerz bereits ein. Ich griff nach meinen Medikamenten und setzte mich ins Auto. Doch es wurde schlimmer. Übelkeit kam dazu, und der Kopfdruck war unerträglich. Ich wollte in die Alm gehen, auf deren Parkplatz ich stand, doch ich schaffte es nicht mehr, aufzustehen. Es wären nur ein paar Schritte gewesen.
Währenddessen schrieb ich meiner Freundin per WhatsApp. Sie fragte sofort nach meinem Standort und rief bei der Alm an. Der Besitzer kam, um nach mir zu sehen, und brachte mich zur Alm. Kaum dort angekommen, rannte ich sofort zur Toilette und ließ mich auf den Boden sinken. Die Übelkeit, der Kopfdruck, die Sehstörungen – ich wusste nicht, was schlimmer war. Die Angestellten fragten mehrmals, ob sie einen Arzt rufen sollten. Irgendwann sagte ich: „Ja, bitte.“
Nur fünf Minuten später hörte ich das Dröhnen eines Hubschraubers über der Alm.
„Oh nein,“ dachte ich, „der kommt doch nicht etwa wegen mir.“
Doch, das tat er.
Zwei Rettungskräfte halfen mir zum Hubschrauber, was alles andere als einfach war. Jede Bewegung und jede Höhenveränderung verschlimmerte den Kopfdruck. Sie packten mich an den Armen und schleppten mich durch die hohe Wiese. Immer wieder sackte ich vor Schmerzen zusammen. „Wir müssen weiter, wir haben nicht viel Zeit. Reiß dich zusammen,“ sagten sie. Schließlich ging es in den Hubschrauber. Ich versuchte zu erklären: „Ich kann nicht liegen.“ Doch im Halbliegen hoben wir ab, und durch die Höhenveränderung wurde der Schmerz noch unerträglicher.
Es war kaum auszuhalten.
Es ist schwer zu beschreiben.
Sie flogen mich nach Brixen. War das die klügste Entscheidung? Sicher nicht. Dort gab es weder Neurologie noch Neurochirurgie. Die Ärztin vor Ort war wirklich sehr nett, aber überfordert und ratlos. Sie gab mir eine Schmerzinfusion nach der anderen – Morphium in Hülle und Fülle. Ich wurde benommener, doch der Schmerz und der Druck blieben. Also beschlossen sie, mich mit einem Krankenwagen nach Bozen zu fahren, wo es eine neurologische und neurochirurgische Abteilung gab.
Das nächste, woran ich mich erinnere, ist ein Parkplatz. Ich wurde von einem Krankenwagen in den nächsten umgeladen. Ich hatte das Bewusstsein verloren und dissoziativ gekrampft. Da kein Notarzt anwesend war, hielten sie auf einem Parkplatz an und alarmierten einen Notarzt und einen weiteren Krankenwagen. In Bozen angekommen, wurde ein CT gemacht – ohne Befund. Weitere Schmerzinfusionen folgten, bis der Anfall schließlich nachließ.
Es war bereits 2 Uhr morgens, als sie entschieden, mich zurück nach Brixen zu bringen. Es sei kein Platz hier für mich. Wieder 45 Minuten im Krankenwagen. Bei meiner Ankunft gegen 5 Uhr morgens wurde plötzlich alles hektisch: „Wir haben vergessen, dich auf Corona zu testen.“ Ein Abstrich wurde gemacht, ich wurde ins Eck geschoben. Der Test war negativ. Schließlich brachten sie mich um 6:00 Uhr auf ein Patientenzimmer, wo ich endlich liegen konnte. Doch kaum zwei Stunden später kam die Visite: „Sie können jetzt wieder gehen, der Anfall ist vorüber.“
Mein Handyakku war leer, und ich trug nur Shorts und ein Top. Am Vortag waren es 35 Grad gewesen, doch nun regnete es in Strömen und war deutlich kühler. Wohin also? Ich nahm ein Taxi zurück zur Alm, wo mein Auto stand, und fuhr zurück in meine Unterkunft und checkte wieder ein. Zwei weitere Tage verbrachte ich fast ausschließlich im Bett – so erschöpft war ich. Nur zum Essen verließ ich manchmal mein Zimmer.
Aber ich hatte es geschafft. Mal wieder. Und es waren ja „nur“ Kopfschmerzen.
Am Ende bekam ich eine Rechnung über 150 Euro für den Hubschrauberflug. Da konnte ich noch froh sein, nicht mehr zahlen zu müssen.
Eine Auslandskrankenversicherung? Bekomme ich nicht. Diese schließen so gut wie alle Vorerkrankungen und die daraus entstehenden Folgen aus.
Mittlerweile versuche ich mich trotzdem so gut es geht abzusichern. Ich bin Mitglied im DAV (Deutscher Alpenverein). Damit bin ich weltweit versichert, wenn mir in den Bergen etwas passiert oder ein Hubschrauber kommen muss. Was ich vorher nicht wusste: Auch in Deutschland kann man Pech haben und muss den Hubschrauberflug selbst bezahlen. Bergung, Rettung oder Blockierung – hier gibt es immer Diskussionsbedarf. Weiterhin bin ich Fördermitglied beim Bayerischen Roten Kreuz. Damit bin ich weltweit versichert, dass ich im Ernstfall abgeholt und nach Hause gebracht werde. Das ist die maximalste Absicherung die ich bekomme.
Ist es fair? Nein. Aber das Leben passiert eh immer anders, als man plant.
Update: Da ich nun schon ein paar Rückfragen bekam, wie das mit dem Fördermitglied bei Roten Kreuz funktioniert? Ganz einfach! Ihr unterstützt damit das Rote Kreuz und seine Arbeit. Den Mitgliedsbeitrag könnt ihr selbst wählen. Mitglieder des Roten Kreuzes erhalten einen Inlands-Rückholdienst und einen weltweiten Auslands-Rückholservice. Versichert sind Mitglieder des Münchner Roten Kreuzes sowie deren Familienangehörige (Ehegatten und Kinder, für die Anspruch auf Kindergeld besteht, sowie für den/die im Haushalt lebende/n Partner/in, wenn die/der Partner/in welche namentlich gemeldet wurde). Ein Anspruch auf diese Leistung besteht, wenn der fällige Mitgliedsbeitrag bezahlt wurde. Vorerkrankungen spielen keine Rolle.
Da mein Herz am Bayerischen Roten Kreuz Kreisverband Augsburg-Stadt hängt
(hier habe ich eine großartige Ausbildung gemacht mit der einen Kollegin und der anderen nervigen Kollegin :-) ) - hier mehr Informationen.
Aber natürlich könnt ihr in jedem beliebigen Kreisverband Mitglied werden:
https://www.kvaugsburg-stadt.brk.de/spenden/foerdermitgliedschaft/mitglied-werden.html